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Hoffnung auf Medwedjew  

Der russische Präsident Dmitri Medwedjew hat am 05. Juni 2008 im Berliner InterContinental Hotel an einer Vortragsveranstaltung teilgenommen. Zur Veranstaltung hatten der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft, die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, der Petersburger Dialog und das Deutsch-Russische Forum eingeladen.

Seine erste Visite im Westen war bezeichnenderweise ein Besuch Deutschlands, zunächst aber noch etwas inoffiziell. Die deutsche Wirtschaft setzt große Hoffnungen in den neuen Kremlchef. "Ich hoffe, dass der Führungswechsel sich auf die künftige Wirtschaftspolitik positiv auswirkt“, erklärt der Vorsitzende der Deutschen Auslandshandelskammer in Russland, Michael Harms.
Vor allem das angekündigte liberale Wirtschaftsprogramm Medwedjews stößt dabei auf Anerkennung. Mittelstands- und Innovationsförderung, Korruptionsbekämpfung und Abbau der Bürokratie sind Schlagworte, mit denen Medwedjew die deutsche Wirtschaft für sich eingenommen hat.
 
Dass Dmitri Medwedjew Berlin besuchte, ist ein Zeichen dafür, dass die Politik der "strategischen Partnerschaft" weitergeführt und belebt werden soll. Russland braucht Investitionen, Technologie und Know-how aus Deutschland, Deutschland braucht Erdgas und Öl aus Russlands sibirischer Schatzkammer.  

Allerdings lassen Äußerungen aus den USA, insbesondere des prominenten US-Politologen Robert Kagan, erkennen, dass man jenseits des Atlantiks misstrauisch auf gute Verhältnisse zwischen Russland und Deutschland, Russland und der EU schaut.
Die Europäische Union sollte sich auf eine mögliche politische Konfrontation mit Russland einstellen. Konflikte drohten vor allem um Georgien (wie die aktuellen Ereignisse anscheinend beweisen) und um die Ukraine.
Er habe große Zweifel, ob die EU der Herausforderung gewachsen sei, so Kagan. Auch das Ziel einer „strategischen Partnerschaft“ mit Moskau sei fragwürdig.
Unter Präsident Wladimir Putin habe sich Moskau vom Westen abgewandt und sei zu einer klassischen Großmachtpolitik zurückgekehrt, sagte Kagan. Russland sei heute eine „Autokratie“ und pflege einen Politikstil wie im 19. Jahrhundert. Demgegenüber sei die EU mit der Überwindung der Nationalstaaten und ihrer „Soft power“ bereits im 21. Jahrhundert angekommen, sagte Kagan. „Die große Frage lautet nun: Ist Europa richtig aufgestellt, um mit dieser Herausforderung fertig zu werden?“
 
Wir werden sehen                                                                      August 2008 * KV