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Am 06.08.08 nahm die Landesvorsitzende der Osteuropa-Freundschaftsgesellschaft Kerstin Voigt am feierlichen Abschluss des Internationalen Jugendlagers des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Barth teil. Sie legte am sowjetischen Ehrenmal ein Gebinde nieder. Beeindruckend waren vor allem die Reden der Jugendlichen.

Rede von Sophie Henschke auf der Barther  Gedenkfeier am 06.08.08

Als ich vor einem Jahr in der 10ten Klasse das Fach Russisch in der Schule abgewählt habe, hätte ich nie gedacht, dass ich diese Entscheidung irgendwann bereuen würde. In den letzten 2 Wochen musste ich erkennen, dass mein Russischunterricht (4 Jahre) nicht umsonst war, so wie dieses Camp Barth nicht umsonst war. Ich habe in diesem Camp gelernt, dass Sprache nur ein Mittel zum Zweck ist, aber dass Hand- und Fußzeichen sowie ein einfacher Augenkontakt einem manchmal mehr sagen als Worte es je können. Auch wenn ich meistens nur einige Worte oder Sätze verstehen konnte, bin ich mir sicher dass mich mindestens einer aus der Gruppe verstehen konnte. Lachen, Arbeiten, Essen und Trinken, alles haben wir 15 Tage lang gemeinsam gemacht. Nach meinem Empfinden konnte man sich nicht näher kommen, denn wir haben sogar manche Nacht miteinander geschnarcht. Jeden Morgen musste ich wieder lernen, dass in Russisch "Guten Morgen" schwerer zu sprechen ist als ein einfaches "Guten Morgen", aber für die anderen wird es nicht weniger schwer gewesen sein. Die täglichen gemeinsamen Ausflüge gaben mir und meinen neu gewonnenen Freunden die Möglichkeit, uns in den verschiedensten Situationen - ob auf dem Land, auf dem Wasser, auf dem Barther Flughafen oder auf den Barther Segeltagen - besser kennen zu lernen.

 

Das Ziel des Camps war nicht nur, neue Freundschaften zu knüpfen, sondern auch uns mit der deutschen Geschichte näher auseinander zu setzen, explizit mit dem Nationalsozialismus. Die Zeit des Nationalsozialismus war für mich immer eine Geschichte, die ihre Opfer, Soldaten und Kriege auf den vergilbten Blättern meines Geschichtsbuches gefunden hatte. Ich fühlte mich nicht verantwortlich, vielleicht war ich auch nur genervt von den ständigen Geschichten über den 2ten Weltkrieg. Ich war nicht dabei und auch nicht der Grund, warum das alles passiert ist. Seit wir an den Mahnmälern gearbeitet haben, fühle ich mich der deutschen Geschichte näher als es mir ein Buch je beschreiben konnte. Das sich Zeugen und ehemalige Arbeitslager fast in unmittelbarer Nähe meines Wohnortes befinden, war mir nicht klar. Durch das Camp hat sich mein Bild vom Nationalsozialismus, der weit weg von mir war, für mich vollkommen gewandelt.

Heute sehe ich Kriege, Einsätze im Irak, Afghanistan anders, persönlicher als vorher. In diesem Camp habe ich viele Freunde gefunden, egal ob jung, ob alt, egal welcher Nationalität, egal welcher Sprache, denn eines hat uns alle verbunden: „Wir sind alle Menschen mit einem gemeinsamen Vorhaben - VERSÖHNUNG ÜBER DEN GRÄBERN."

Zum Abschluss des Tages diskutierten die Teilnehmer des Jugendlagers mit den Gästen (d. h. vor allem mit den Politikern - angefangen vom Bürgermeister bis hin zu Landtagsabgeordneten) über ihre Eindrücke.                           Kerstin Voigt